Hilfe für Monchique -Schicksale: Yucas Neubeginn

Zwei Wochen nach Alinas Besuch bei Yuca, bei dem ich leider nicht dabei sein konnte, habe ich mich mit dem sympathischen Österreicher getroffen, um die Schäden an seinem Zuhause für euch zu dokumentieren und mit ihm über seine Zukunft zu sprechen.


Yuca, corte Pequena

Fotos & Bericht: Susanne Koplin

Ich lerne Yuca am Samstag, den 15.9., bei einem Treffen im idyllisch gelegenen Café O Mirante in Monchique kennen. Alina und ich wollen sehen, wie es ihm, Pablo und Ilo inzwischen ergangen ist und ihnen später ein paar Werkzeuge übergeben. Der Österreicher mit den auffälligen Dreadlocks ist mir sofort sympathisch. Er hat eine extrem entspannte, unaufgeregte Art und lächelt viel, trotz der schwiergen Situation, in der er sich befindet. Getrennt von seinem Sohn Samoa, der derzeit mit Mutter Daniela in Österreich lebt, harrt er bei einem Nachbarn aus. Von dort fährt Yuca jeden Tag los, um in seinem zerstörten Zuhause die Näpfe für seine 3 Katzen aufzufüllen. Bis auf eine haben alle den Brand überstanden, sind seitdem aber sehr scheu, sodass es nicht in Frage kommt, sie einzufangen und umzuziehen. Durch Alinas Bericht kenne ich Yucas Geschichte bereits und habe durch ihre Bilder auch schon einen kleinen Eindruck gewonnen. Mir ist es aber wichtig, mir einen eigenen Eindruck zu bilden, weshalb ich mich mit ihm für den kommenden Montag verabrede, um das Grundstück zu besichtigen. Bei der Gelegenheit soll er mir auch das Haus zeigen, in dem Roquelina bis zum Feuer lebte.

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Am Montag, den 17.9. mache ich mich mit meinem alten Mercedes-Panzer auf den Weg nach Monchique, wo wir uns am Intermarche treffen wollen. Der Weg zu Yucas Haus ist nur mit dem Jeep zu bewältigen, weshalb ich meinen Wagen dort stehen lassen werde. Auf der Höhe von Caldas de Monchique sehe ich aus dem Augenwinkel einen roten Jeep und ein paar Dreads vorbeifliegen - ohne zu wissen, dass er mich gerade überholt hat, zieht Yuca an mir vorbei. Gut 10 Minuten zu früh treffe ich am Intermarche-Supermarkt ein und laufe direkt Yuca in die Arme. Wir lachen ob der Überpünktlichkeit und setzen uns noch einmal kurz auf einen Espresso ins Café. Dann geht es auch schon los, hinaus aus dem Ort, die steilen Straßen Richtung Corte Pequena entlang.

Nach dem kurzen Stopp an Roquelinas Heim lasse ich den Blick schweifen und genieße es, nicht selbst fahren zu müssen. Aus dem erhöhten Jeep habe ich eine fantastische Aussicht und kann kilometerweit sehen. Der Anblick ist faszinierend und grauenhaft gleichermaßen. Zu deutlich sind hier die verheerenden Folgen der Brände zu sehen. Von oben ist auch Yucas Heim und eines seiner Wohnmobile in der Ferne zu erkennen. Auf dem Bild oben sieht man links das zerstörte Haus seiner Nachbarn mit den Überresten ihres kleinen Pools. Dieser erscheint als kleiner blauer Fleck, leicht rechts unterhalb liegt dann Yucas ehemaliges Zuhause inmitten einer Aschewüste.

Der letzte Kilometer zum Mietshaus von Yuca sind dann wirklich eine Herausforderung an Fahrzeug und -künste. Der steile, schmale Weg, der von der ohnehin schon kurvigen und engen "Hauptstraße" abzweigt, ist nur partiell befestigt. So kommen wir selbst mit Jeep nur langsam voran. Ich bin wirklich beeindruckt, dass Yuca es geschafft hat, Alina hier herunterzubringen. Als wir am Nachbarhaus vorbeikommen, ergreife ich die Gelegenheit beim Schopfe und steige aus. Dieses wunderschöne kleine Haus verdient es, ebenfalls fotografiert zu werden.

Yuca fährt derweil den Wagen auf den Stellplatz und kommt zu Fuß zum Nachbarhaus, wo wir gemeinsam die Überreste des Pools betrachten. Das Plastikbecken ist fast komplett erhalten, weil es bis zum Rand mit Wasser gefüllt war, als das Feuer kam. Es erinnert uns daran, dass Menschen, die ein solches Flammeninferno überlebt haben, ihre Rettung in einem Pool oder Wassertank gefunden haben.

Das Haus hingegen haben die Flammen dagegen mit voller Härte getroffen. Ich weiß nicht, was schwerer fällt, hinschauen oder wegschauen. Dieses hübsche Haus in typisch portugiesischem Stil scheint mir nicht mehr zu retten. Es ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Davor steht ein kleiner Käfig, die Metallstreben sind verrußt. Ich muss schlucken, als ich die kleine Maus darin entdecke. Die Lebendfalle ist zur Todesfalle geworden.


Die saftig grüne Kletterpflanze, die sich die geschwärzten Mauern emporrankt, wirkt seltsam fehl am Platz. Es sind diese Kontraste, die mich mit am meisten faszinieren. Geduldig wartet Yuca, bis ich meine Bilder gemacht habe, doch ich merke, wie es ihn drängt, weiterzugehen. Also folgen wir dem kleinen Trampelpfad hinüber zu dem, was einst  sein Zuhause war.

Immer wieder lässt mir die Schwärze der Umgebung den Atem stocken. Nirgendwo sonst habe ich die Landschaft hier oben so mit Asche gezeichnet gesehen. Selbst bei Monika und Bernhard, die direkt hinter dem nächsten Hügel lebten, gab es noch Korkeichenwälder. Diese sind zwar angesengt, das braune Blattwerk wirkt aber im sanften Abendlicht fast wie Herbstwald. So verbreiten sie trotz allem einen Rest des alten Zaubers. Hier jedoch gibt es fast nur verkohlte Stümpfe, schwarze Erde und karge Steine. Ich habe das Gefühl, direkt nach Mordor gereist zu sein. Nur ein kleiner grüner Fleck am Hügel verbreitet ein wenig Hoffnung. Der Orangenhain eines Nachbarn war anscheinend so gut bewässert, dass er das Inferno überstehen konnte.

Einen geradezu schmerzhaften Kontrast in all dem Schwarz und Grau bilden dann auf einmal der saftig grüne Oleander und die leuchtenden Rosen, die sich um Yucas ehemaliges Zuhause ranken. Der tierliebe Österreicher gesteht mir, dass er jedes mal so viele Pflanzen wie möglich von Hand wässert. Obwohl Yuca nicht mehr hier leben können wird, muss er  einfach irgendwas der schwarzen Finsternis aus Asche entgegensetzen.

Tatsächlich wirkt der Platz vor dem zerstörten Haus absolut friedlich, fast als hätte es das Feuer nie gegeben. Die Hängematte schaukelt träge in der sanften Abendbrise, ein Dreirad und ein Spielzeuglaster stehen herum, als hätte ihr kleiner Besitzer gerade eben noch damit gespielt. Das Windspiel am Balken des Vordachs singt ein leises Lied von vergangenem Glück.

Während ich die Szenerie auf mich wirken lasse, säubert Yuca die Näpfe, füllt neues Futter ein und verteilt sie wieder im umliegenden Garten. Leider kann ich keine der Katzen entdecken, zum Schluss höre ich aber zumindest ein zaghaftes Miauen. Auch die Tiere brauchen Zeit, das Erlebte zu verarbeiten und erneut Vertrauen zu fassen.


Vor der Ruine, die einmal das Zuhause von Yucas kleiner Familie gewesen ist, steht ein Tisch, auf dem der Österreicher ein Sammelsurium von Dingen gestapelt hat, die den Brand überstanden haben. Darunter eine perfekt erhaltene Butterdose. Steinfigürchen und Keramik sind am ehesten in der Lage, den hohen Temperaturen der Flammen zu trotzen. Ganz anders sieht es bei der Elektronik aus.

Durch die verrückterweise fast unversehrte Haustür betreten wir jetzt das Innere von Yucas ehemaligem Heim. Obwohl ich inzwischen schon so viele zerstörte Häuser gesehen habe, raubt mir der Anblick immer noch den Atem. Die gewaltige Zerstörungskraft des Feuers fühlt sich an wie ein Fausthieb in den Magen. Auch hier haben sich die Flammen durch die hölzernen Dachbalken gefressen und es so ins Haus geschafft. Küche und Wohnzimmer sind anhand einzelner Charakteristika wie dem Herd und einem gemütlich wirkenden Kamin gerade noch auszumachen. Vorsichtig bahnen wir uns einen Weg durch den Schutt.

Dabei stoßen wir auf Yucas Laptop, von dem nicht viel mehr als eine verkohlte Festplatte übrig geblieben ist, sowie die Überreste von Reciever, Dvd-Player und Co. Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände sind komplett verbrannt. Nur auf dem Kamin steht noch ganz unschuldig eine kleine Zwergenfigur und wacht über das Chaos.


Yuca zeigt mir das Zimmer, das einst Söhnchen Samoa bewohnte. Auch hier das gleiche Bild: völlige Zerstörung. Einzig die Metallfedern der Matratze sind noch erkennbar. Glücklicherweise war der Kleine zum Zeitpunkt des Brandes nicht hier.


Der einzige Raum, der das Feuer fast unbeschadet überstanden hat, ist das Badezimmer. Und dass nur, weil es hier keine hölzerne Dachkonstruktion gibt, sondern eine Betondecke. Diese hat standgehalten, doch die Temperaturen müssen auch hier enorm gewesen sein. Wieder sind es die kleinen Details, die das Grauen besonders greifbar machen, wie z. B. die winzige, mit Asche bedeckte Windel, die aus dem Regal auf den Boden gefallen ist, oder die fröhlichen bunten Halsketten, die neben dem Badezimmerspiegel hängen.

Wir verlassen das zerstörte Gebäude und wenden uns dem Garten zu. Zögernd frage ich Yuca, ob er für sich hier noch eine Zukunft sieht. Er schüttelt traurig den Kopf. Sein Vermieter wird das Haus nicht wieder aufbauen. Er hat keine Chance auf Unterstützung, weil es sich nicht um einen Erstwohnsitz handelt. Außerdem liegt das Grundstück so abgelegen und die Anfahrt ist anstrengend. Yuca gesteht, dass er müde ist. Fast jeden Tag diesen steilen Abhang zu bezwingen, kostet ihn Kraft. Auch vorher schon, denn der 48-jährige arbeitet in Portimão am Hafen und pendelt jeden Tag von hier oben in die Stadt. Hin und zurück sind das immerhin rund 60 Kilometer für die man auf den kurvigen Straßen insgesamt 2 Stunden benötigt. Stunden die Yuca auch jetzt noch auf sich nimmt, damit seine geliebten Katzen Futter bekommen.


Für seinen Traum, hier oben gemeinsam mit Freundin, Kind und Tieren in Ruhe und Einklang mit der Natur zu leben, hat Yuca die Mühen und auch die finanzielle Belastung in Form von Spritkosten gerne auf sich genommen. Doch nun ist von seinem grünen Paradies nichts mehr übrig. Seine Familie ist fort und um ihn herum gibt es nur noch Asche. Hin und wieder sieht man zarte Pflänzchen, die ihren grünen Kopf durch die Asche schieben. Doch das meiste ist Eukalyptus, erklärt mir Yuca. Einen besseren Brandbeschleuniger als die ölhaltigen Eukalyptusbäume gibt es kaum. Sie sind mit ein Grund, warum es in Monchique so häufig zu Waldbränden kommt. Leider sind sie es auch, die nach einem Feuer am schnellsten wieder nachwachsen.

Wir gehen weiter zu Yucas Wohnmobil, das ein paar Meter weiter auf einer Lichtung steht. Ich merke sofort, dass dieses Gefährt mehr für Yuca ist als nur ein Transportmittel. Mit diesem Wohnmobil kam er damals nach Portugal, es ist ihm treuer Begleiter und Heim zugleich gewesen. Vorne auf dem Armaturenbrett hat er eine Art Schrein für seine 2014 verstorbene Mutter errichtet. Die Fotos, die Yuca mit seiner Familie zeigen, haben der Hitze widerstanden. Der Buddha im Zentrum ist ein wiederkehrendes Symbol, überall finden sich kleine Zeichen der friedfertigen Reglion.

Von innen hat das Wohnmobil kaum Schaden genommen. Es ist zwar etwas in die Jahre gekommen, die Seitenfenster sind geschmolzen und die Deckenverkleidung hat sich durch die gewaltige Hitze verzogen, aber es überwiegen die positiven Zeichen. An den Wänden findet sich u.a. ein Portrait von Gandhi sowie philospohische Zitate in denen die Liebe gepriesen wird. Sie zeigen Yucas Wesen, seine sanfte Sicht auf diese Welt.

Wie es hätte enden können, sehen wir nur wenige Meter weiter: Direkt neben dem Wohnmobil steht das komplett ausgebrannte Wrack eines Kleinwagens. Dieses Auto ist nicht mehr zu retten. Dass sein Wohnmobil den Brand im Vergleich dazu so glimpflich überstanden hat, bestärkt Yuca darin, mit diesem Gefährt einen Neuanfang zu wagen und dort einzuziehen. Glücklicherweise scheinen auch die Reifen noch fahrtauglich zu sein, nur eine neue Batterie ist nötig, um das Wohnmobil wieder fit zu machen. Auch dabei habenn wir Yuca neben der Finanzierung neuer Fenster inzwischen geholfen, sodass 2 wichtige Schritte getan sind, um dem friedliebenden Österreicher ein neues, altes Zuhause zu ermöglichen.

Bevor wir den steilen Hang  hinauf zurück zum Jeep gehen, dreht sich Yuca noch einmal um. Mir kommt es vor, als würde er sich nun endgültig verabschieden. Auch wenn er weiterhin herkommt, um die Katzen zu füttern, so scheint es doch, als hätte er heute erst richtig realisiert, dass er hier nicht mehr leben wird. Dass er weiterziehen wird und an einem anderen Ort in seinem Wohnmobil eine neue Heimat finden muss. Der Wunsch in Portugal zu bleiben, ist stark, auch wenn die Passivität der Eukalptus-Industie  gegenüber den sanften Österreicher zweifeln lässt. Wir werden auch weiterhin mit Yuca in Kontakt bleiben und schauen, wie wir ihn auch in der Zukunft unterstützen können.

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