Am letzten Septembersamstag war Alina wieder in Monchique unterwegs und hat sich neue Fälle angeschaut. Sie traf Senhor Franco und seine Tiere sowie Cristina von Água Balsa. Die Kommune lebte am Picota in einfachen Holzhäusern, die den Flammen zum Opfer fielen. Auch sonst ist leider nicht viel übrig geblieben von dem, was die Menschen hier gemeinsam aufgebaut haben. Trotzdem geben die Familien nicht auf und sind wildentschlossen, noch einmal von vorne zu beginnen!
Fotos & Bericht: Alina Stoica
Ihr Lieben, gestern Vormittag war ich wieder einmal in Monchique unterwegs, um mir zwei weitere Fälle von Betroffenen, die nach den Waldbränden dringend Hilfe benötigen, anzuschauen. Wie bereits in einem vorigen Post erwähnt, hat mich dabei Fabio Alves begleitet. Fabio setzt sich ebenfalls aktiv ein und hilft Tieren und Menschen aus den Brandgebieten. Weil ich große Bedenken hatte, ob ich die kurvigen, schmalen Wege am Abgrund entlang bewältigen würde, habe ich ihn gebeten, mit mir zu fahren und war sehr dankbar, dass er zugestimmt hat. Doch dieses Mal erwies sich meine Angst als unbegründet. Nur ein einziges Mal musste ich kurz anhalten und einige Meter zu Fuß gehen, um zu schauen, wie es auf der anderen Seite eines Hügels weitergeht. Den restlichen Weg habe ich – für meine Verhältnisse – mit Bravour gemeistert und musste das Steuer nicht ein einziges mal an Fabio abgeben. Worauf ich zugegebenermaßen recht stolz bin. So langsam beginne ich, mein Trauma zu überwinden.
Ich treffe Fabio um 10h am Intermarche in Monchique. Er hat Hunde- und Katzenfutter für die Tiere der Community Água Balsa mitgebracht. Gemeinsam laden wir die Säcke in mein Auto und begeben uns auf den Weg hoch zum Picota. Dort angekommen treffen wir Cristina Moreira. Sie ist eine von den vielen jungen Leuten (überwiegend Portugiesen), die der Community angehören. Cristina ist etwas angeschlagen. Aufgrund eines Autounfalls, der länger zurückliegt, hat sie immer wieder starke Schmerzen in der Wirbelsäule. Trotzdem empfängt sie uns mit einem warmen Lächeln und heißt uns mit einer festen Umarmung willkommen. Sie ist eine hübsche, zierliche Frau mit einer angenehmen ruhigen Art. Die traumatischen Erlebnisse von August haben jedoch auch bei ihr Spuren hinterlassen. Ich kann ihren Schmerz förmlich spüren, während sie uns ein wenig über die Community und das Projekt erzählt, das von den zerstörenden Flammen zunichte gemacht wurde.
Schon bei unserer Ankunft wird mir sofort klar, mit was für einer ungeheuerlichen Kraft die Feuer hier gewütet haben müssen. Die Umgebung um uns herum gleicht einer Mondlandschaft, getaucht in Grau- und Schwarztönen. Wie kleine Hoffnungsschimmer leuchten hier und da grüne Farbkleckse inmitten der verdorrten Natur, dort, wo die Vegetation langsam erneut zum Leben erwacht.
Genau wie Sofee und Rabbit ist auch das Ziel von Água Balsa Agrartourismus zu betreiben. Das Projekt soll sich über mehrere aneinander grenzende Grundstücke, die den Community-Mitgliedern gehören, erstrecken. Mithilfe von mehreren Freiwilligen hatten sie bereits Toiletten, eine Küche und einen Pavillon, in dem verschiedene Events, wie z. B. Live Musik, Yoga usw. stattfanden, aufgebaut. Die Community-Mitglieder selbst wohnten in Holzhäusern, den freiwilligen Helfern hatten sie Wohnwagen zur Verfügung gestellt. Dann kam das Feuer und hat eine gewaltigen Spur der Zerstörung hinterlassen. Binnen weniger Stunden wurde alles, was mit mühevoller Arbeit aufgebaut wurde, ohne eine Vorwarnung dem Erdboden gleich gemacht.
Fabio und ich laden das Tierfutter und die Werkzeuge, die ich mitgebracht habe – gespendet von meiner lieben Freundin Susanne, die leider momentan nicht in der Algarve ist – ab. Weiter unten gibt es einen Schuppen, das einzige Gebäude, das den Brand fast unbeschadet überstanden hat. Doch der Schotterweg, der dorthin führt ist ziemlich steil und ich überlasse es Bruno, einem der Anwohner, die Sachen später hinunterzufahren.
Trotz ihrer Rückenschmerzen erklärt sich Cristina bereit, uns über das Gelände zu führen. Die meisten Community-Angehörigen sind bei Freunden und Bekannten untergekommen, erzählt sie uns. Die freiwilligen Helfer sind auch nicht mehr da, denn es gibt momentan keine Unterkünfte für sie. Sie zeigt uns, wo vorher die Holzhütten der einzelnen Familien standen. Bis auf mehreren Aschenhaufen und Abdrücke auf dem verkohlten Boden ist davon nichts mehr übrig geblieben. Auch von der Küche kann man nur noch die Betonstruktur erkennen. Der Pavillon, der einst als Veranstaltungsort für gesellige Tage und Abende gedient hat, ist nur noch ein wüster Trümmerhaufen. Auch wenn ich in den vergangenen Wochen ständig mit solch schockierenden Bildern konfrontiert wurde, zieht sich mein Herz immer noch jedes Mal zusammen, beim Anblick dieser ungeheuerlichen Zerstörung. Und dann entdecke ich einen weiteren Farbtupfer, der mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert: Eine winzige Skulptur in Form eines Pilzes streckt ihr rotes Köpfchen aus der Asche.
Vorsichtig steigen wir den schmalen Schotterweg hinab. Cristina zeigt auf ein Tipi-Zelt, das weiter unten im Tal steht. Es gehört Nuno, dem Eigentümer des
Grundstücks, auf dem der Schuppen und die Überreste eines abgebrannten Hauses stehen. Wie durch ein Wunder wurde das Zelt von den Flammen verschont. Einmal mehr schüttele ich ungläubig den Kopf.
Wie ist das möglich?
Wir gehen weiter an einigen Betonbalken vorbei, das Einzige was noch an die ehemalige Küche erinnert. Vereinzelt blitzen einige verrußten Töpfe und Pfannen unter der Aschedecke empor, eine Gasflasche, die unerklärlicherweise den Brand ebenfalls überstanden hat, lehnt an eine Steinmauer. Auf einem der Betonbalken funkelt ein abstrakt geformtes Objekt in der Sonne. Erst beim genaueren Hinsehen erkennen ich, dass es sich um geschmolzenes Glas handelt.
Wir erreichen eine Holzstruktur, die erst kürzlich errichtet wurde. Hier sollen die neuen Toiletten entstehen, erklärt uns Cristina. Sie führt uns weiter ins Tal hinab. Um uns herum ragen verkohlte Baumstümpfe aus dem verbrannten Boden. Der gleiche groteske Anblick, den ich bereits aus den Gegenden von Perna da Negra, Alferce, Fornalha, Corte Pequena und Corte Grande kenne. Ich schaue auf meine Füße hinab. Sie sind von Asche bedeckt.
Unten angekommen bestaune ich immer noch ungläubig das Tipi-Zelt. Daneben hat Nuno einen kleinen Caravan, in dem sich eine winzige Küche befindet, aufgestellt.
Nuno, dessen Tochter in Lissabon lebt, pendelt fast wöchentlich hin und her. In der Zeit, in der er sich in Monchique aufhält, wohnt er in dem Zelt. Das Haus, das inzwischen nicht mehr bewohnbar
ist, war sein erster Wohnsitz. Er hat bereits Hilfe für den Aufbau bei der Gemeinde beantragt und wartet jetzt darauf, dass er (hoffentlich) eine Zusage bekommt.
Das Haus sollte zur Gästeunterkunft umgebaut werden. Doch bis auf die Grundmauern ist davon nichts mehr übrig. Einzig der Holzofen hat den Brand fast unbeschadet überstanden. Das Dach ist weg, der Boden ist mit Trümmern übersät. Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass hier bis vor anderthalb Monaten die Welt noch in Ordnung war. Ein beklemmendes Gefühl übermannt mich, als ich durch die verwüsteten Räume gehe und Fotos schieße. Ich kann es kaum abwarten, wieder ins Freie zu treten.
Gemeinsam steigen wir wieder den Weg hinauf zu meinem Auto. Ich frage Cristina, was sie im Moment am dringendsten benötigen. Der Caravan, den ich für die Community gekauft habe, wurde noch immer nicht abgeholt, dies soll voraussichtlich morgen geschehen. Wie alle anderen Betroffenen, die wir bisher getroffen haben, ist es auch Cristina unangenehm, um weitere Hilfe zu bitten. Zögerlich gibt sie schließlich zu, dass Schubkarren gebraucht werden, um das Grundstück reinigen zu können. Und auch um vor ihrer Tür, wo jede Menge Müll und verbrannte Reifen gestapelt wurden, möchte sie gerne aufräumen. Ich verspreche ihr, zu versuchen, einen Schubkarren aufzutreiben. Alles weitere werde ich bei meinem nächsten Besuch dort mit Nuno und den anderen Community-Angehörigen besprechen.
Ich nehme Cristina noch ein Stück weit im Auto mit, zu dem Haus, in dem sie vorübergehend untergekommen ist. Dort verabschieden wir uns und sie bedankt sich ein weiteres Mal für die Unterstützung. Wir werden auf jeden Fall mit ihr und den anderen Anwohnern von Água Balsa in Kontakt bleiben und ich werde über den weiteren Verlauf der Hilfsaktion hier berichten.
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