Waldbrände gehören in Portugal in den heißen Monaten zum Alltag, die apokalyptisch anmutenden Brände Anfang August 2018 jedoch waren die schlimmsten seit 15 Jahren
in der Region. Ich möchte euch hier einen persönlichen Einblick geben, von den Auswirkungen berichten und von der Hoffnung erzählen. Denn die gibt es überall da, wo Menschen
zusammenhalten!
Flammenkatastrophe im Hinterland der Algarve
Eine ganze Woche fraßen sich die Flammen durch das grüne Hinterland meiner 2. Heimat. Temperaturen weit über 30 Grad sowie starker Wind und ein schwer zugängliches
Gelände sorgten dafür, dass sich das Feuer rasend schnell verbreitete und mehrere Fronten bildete. Zeitweise war eine Feuerfront gerade einmal 11 Kilometer von meinem Haus entfernt. Strände in 20
bis 30 Kilometern Entfernung vom Brandgeschehen wurden durch gewaltige Rauchschwaden verdunkelt, an vielen Küstenorten regnete es Asche. Es gibt dazu zahlreiche Videos auf Youtube, die wirken wie ein Endzeitszenario. Das wahre Inferno
aber tobte im Hinterland rund um das kleine Städtchen Monchique, das durch die Flammen bedroht wurde, sowie in vielen kleinen Dörfer und Einsiedeleien zwischen Odemira und S.B. de Messines. Über
200 Menschen wurden evakuiert, andere harrten tagelang ohne Stromversorgung aus, die aus Sicherheitsgründen zeitweise gekappt wurde, wenn die Leitungen nicht schon verbrannt waren.
Ich selbst war während der großen Brände in Deutschland. Einerseits kann ich mich glücklich schätzen, andererseits wünschte ich, vor Ort gewesen zu sein - schon allein, weil ich gefühlt mehr hätte tun können als an verschiedenste Organisationen und Freunde zu spenden.
Freitagabend, am 3. August las ich zum ersten Mal von einem Feuer in Monchique und dachte mir noch nicht allzu viel dabei, obwohl da schon hunderte von
Feuerwehrleuten im Einsatz waren. Einen Tag später hieß es, die Brände wären unter Kontrolle. Dann schien plötzlich alles zu eskalieren, die Ereignisse überstürzten sich, von Kontrolle keine Rede
mehr. Ein Monster war entfesselt - gefüttert durch die unzähligen extrem brennbaren Eukalyptusbäume. Über 1.000 Feuerwehleute wurden der Lage nicht Herr, egal wie viele Feuerwehrwagen und
Löschflugzeuge zur Verfügung standen, das Feuer schien unstoppbar. Bekannte und Freunde sendeten mir besorgniserregende Bilder und Nachrichten. Doch was aus der Ferne tun?
Währen dieser Woche versuchte ich fast manisch auf allen möglichen Kanälen an Informationen zu gelangen. Das Schlimmste waren für mich die Hilflosigkeit sowie die Ungewissheit, ob mir vertraute Menschen und Orte in Gefahr sind. Facebook war eine große Hilfe, auch wenn dort nicht immer alle Infos ganz korrekt waren, wie ich später vor Ort feststellte. Eine große Erleichterung war zumindest, dass Robert, mit dem ich schon mehrere Eselswanderungen in Monchique unternommen habe, mit all seinen Grautierchen fliehen und immer wieder Posts über seinen Status absetzen konnte. So konnte ich seine dramatische Flucht verfolgen und wusste wenigstens, dass es ihm den Umständen entsprechend gut ging. Inzwischen hat er für sich und seine 5 Esel eine temporäre Unterkunft gefunden, sein Land und somit die Nahrungsquelle für Roberts tierische Familie ist allerdings zerstört. Einen ausführlichen Bericht über Robert und seine Esel inklusive Spendemöglichkeit findet ihr hier verlinkt.
Mit Schrecken hörte ich in der Folge, dass die Flamme einen meiner liebsten Zufluchtsorte - Caldas de Monchique - und die Hänge des Fóia erreicht
hatten und eine Front sich sogar kontinuierlich auf mein geliebtes Silves zubewegte. In Berichten des portugiesischen TVs suchte ich nach mir bekannten
Orten, Häusern, Menschen. Eine weitere wichtige Quelle während dieser Tage war der Emergency Management Service von Effis Copernicus, der sowohl aktive Brände als auch
abgebrannte Gebiete zeigte. Zuletzt kämpften über 1.400 Einsatzkräfte bis zur totalen Erschöpfung gegen die Flammen, die sich
durch den starken Wind in rasender Geschwindigkeit ausbreiteten bzw. immer wieder neu aufloderten. Selbst bereits gelöschte Gebiete fingen so nochmals an zu brennen und einige Menschen, die
bereits in ihre Häuser zurückgekehrt waren, mussten erneut fliehen. Der Wind spielte ein grausames Spiel mit ihnen.
Eine weitere wichtige Quelle neben diverser Facebook-Gruppen und der - trotz persönlicher Evakuierung - unermüdlich Infos teilenden Admin Christina Z. war meine
liebe Freundin
Alina, die im Küstenort Carvoeiro zwar sicher vor den Flammen war, die Auswirkungen der Brandkatastrophe aber hautnah erlebte. Auch sie konnte die Hilflosigkeit nicht ertragen
und schritt vor Ort zur Tat: Sie postete einen Facebook-Aufruf in ihrem deutschen Freundeskreis und bat um eine kleine Spende, um die Feuerwehr (Bombeiros) vor Ort zu unterstützen. Die Hilfsaktion wurde zum viralen Wunder: Innerhalb weniger Tage kamen Tausende von Euro aus aller Welt
und Alinas privater Minispendenaufruf entwickelte sich zur Mammutaufgabe. Alina kaufte von dem ersten eintreffenden Geld kurzerhand fast die örtliche Apotheke leer und machte sich auf den Weg
nach Silves, um Brandsalben, Verpflegung und mehr zu den Feuerwehrmännern zu bringen. In Silves bot sich ihr ein verheerender Anblick, den sie bis heute nicht vergessen kann. Der Rauch war durch
die sich nähernden Brände so dicht, dass das Wahrzeichen, die Burg von Silves, kaum noch zu erkennen war. Asche fiel vom Himmel, das Atmen fiel schwer.
Aber es sind solche Helden des Alltags wie Alina, die Hoffnung schenken und ein Vorbild für andere sind. Die inspirieren, über sich hinaus zu wachsen und für andere einzustehen. So wie die unzähligen mutigen Feuerwehrmänner und -frauen, die sich täglich in Lebensgefahr begeben im Kampf gegen die Flammen.
Bilanz des Infernos
Am 8. Tag nach Ausbruch des Brandes bei Perna da Negra galt der größte Waldbrand Europas 2018 endlich als gelöscht. Die
Bilanz:
- 41 Verletzte, darunter 22 Feuerwehrleute
-
9 komplett zerstörte und über 30 unbewohnbare Wohnhäuser
- mind. 49 obdachlos gewordene Menschen
- 28.000 Hektar verbrannte Fläche
- Schäden in Höhe von mind. 10 Millionen Euro
Durch die konsequente Order, Menschenleben unbedingt zu retten und Bewohner der gefährdeten Gebiete früh zu evakuieren, sind glücklicherweise keine Toten zu
beklagen. Jedoch kam es mehrfach zu dramatischen Szenen, weil manche Hausbewohner ihr Hab und Gut selbst gegen die Flammen verteidigen und ihre Häuser nicht verlassen wollten. Auch wenn die Zahl
der zerstörten Häuser oben klein scheint, so sind viele Wohnorte, die nur teilweise vernichtet wurden, trotzdem unbewohnbar. Am schlimmsten betroffen sind ältere Menschen, die ganz
zurückgezogen im Hinterland von ihrem kleinen Gemüsegarten und ihren 1-2 Ziegen lebten. Die manchmal weder lesen noch schreiben können. Keinen Computer oder gar ein Handy besitzen. Dies sind die
Menschen, die am meisten auf Hilfe angewiesen sind auch bzw. vor allem NACH dem Brand.
Viele kleine Wunder sind trotzdem zu sehen, wenn man durch das verbrannte Gebiet fährt. Es zeigt sich nämlich, wie viel ein gut gepflegtes, bewässertes Grundstück ausmachen kann, wenn ein Feuer im Anmarsch ist. Trotzdem erscheint es unfassbar, wie viele Häuser inmitten einer komplett schwarz verkohlten Landschaft scheinbar unversehrt und strahlend der Zerstörung trotzen. Es ist ein Anblick der Hoffnung schenkt und berührt. So bleiben zum Beispiel auch die Quellen von Caldas de Monchique weiter ein kleines grünes Paradies, das fast gänzlich verschont geblieben ist von Feuer, Asche und Verwüstung, obwohl es komplett von Flammen eingekesselt war.
Unterstützung für die Betroffenen
Die Solidarität und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung war von Anfang an groß und ist es noch. Zahlreiche Hilfsaktionen wurden ins Leben gerufen, Sachspenden und
Geld gesammelt. Auf der Koordinationsplattform Ajuda Monchique kann man in
Portugiesisch und Englisch seine Hilfe anbieten- auch als Freiwilliger vor Ort -, um Mensch und Tier zu helfen. Die Einheimischen legen übrigens eine fast stoische Ergebenheit an den Tag.
Gerade diejenigen, die alles verloren haben, schauen am positivsten in die Zukunft. Rollen die Ärmel hoch und bauen wieder auf. Doch es regt sich auch Unmut darüber, wie eine solche
Brandkatastrophe erneut möglich war. Warum sich scheinbar nichts geändert hat seit dem großen Brand 2003 im Monchique-Gebirge. Und die Brandursache ist auch noch nicht aufgeklärt.
Ich selbst kann mir nicht vorstellen, wie es in der Flammenhölle gewesen sein muss, trotz der vielen Fotos und Videos, die ich gesehen habe. Als ich
eineinhalb Woche nach den Bränden zum ersten Mal mit Alina nach Monchique hochfahre, müssen wir ziemlich schlucken. Die gewaltige Zerstörungskraft der Flammen hat deutliche Spuren hinterlassen
und an vielen Stellen steigt uns beißender Brandgeruch in die Nase. Doch ich will mit eigenen Augen sehen, was das Feuer angerichtet hat, davon berichten und mehr Spenden sammeln. Mehr Menschen
helfen und Alinas wunderbare Arbeit unterstützen. Deshalb findet ihr nun eine eigene Unterseite namens "Hilfe für
Monchique" auf meinem Blog, wo ich über den weiteren Verlauf von Alinas
Hilfsaktion berichte und ihr sowohl den Hilfsplan als auch einen Überblick über alle
Ausgaben, die Alina für Betroffene macht, einsehen könnt. Solange ich vor Ort bin,
begleite ich Alina bei ihren Touren, besuche mit ihr Betroffene und berichte hier darüber. Aber auch von Deutschland aus werde ich Alina natürlich weiterhin durch meinen Blog unterstützen und die
Seiten tagesaktuell halten.
Du willst auch helfen?
Wie oben bereits eingängig beschrieben hat, fängt nun die eigentliche Arbeit an und es wird weiterhin Geld für die Betroffenen benötigt. Bitte beachtet aber, dass
es sich um keine Organisation handelt, sondern Alina einmalig als Privatperson Geld sammelt und daher keine Spendenquittung ausstellen kann. Dafür kommt das Geld auch direkt bei den Bedürftigen
an - und ich werde hier regelmäßig berichten in Wort und Bild, sodass ihr sehen könnt, was mit eurem Geld passiert.
PayPal:
alina-stoica@hotmail.com
Banküberweisung:
Alina Stoica
NIB 001800005052610100139
IBAN / IU PT50 0018 00005052610100139
Swift Code/BIC TOTAPTPL
Bitte als Verwendungszweck "Monchique" schreiben.
Falls ihr lieber an eine Organisation spenden möchtet, könnt ihr das hier tun. Vor Ort tatkräftig aktiv werden könnt ihr hier.
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netreisetagebuch.de (Montag, 17 Februar 2020 18:24)
Deine Fotos über den verheerenden Brand sind wirklich erschütternd. Wir können uns noch sehr gut an die vielen Wälder im Monchique-Gebirge erinnern. Es ist so traurig, dass davon nicht mehr viel übrig geblieben ist.
LG Annette